Jörg Machel
Pfarrer - Mediator  - Trainer - Autor

Pfarrer

Emeritus – von Pflichten entbunden, zur Kür befreit 
Über dreißig Jahre Gemeindearbeit liegen hinter mir. Eine herausfordernde, wunderbare Zeit mit tollen Begegnungen mitten im Kreuzberger Kiez. Als Pfarrer emeritus werde ich auch weiterhin gelegentlich taufen, trauen und bestatten und in verschiedenen Gemeinden Gottesdienstvertretungen wahrnehmen.

im Ehrenamt
Im Friedhofsverband Berlin Stadtmitte beschäftige ich mich mit der Weiterentwicklung der Friedhofskultur und helfe, die Berliner Friedhofslandschaft als kulturellen Schatz der Hauptstadt erfahrbar zu machen. Friedhöfe sind für mich ein guter Ort vom Leben zu predigen. Sommerpredigten im Mausoleum Spinn, der Ewigkeitssonntag im November und der zweite Ostertag sind gute Gelegenheiten dazu,

im Verein    
Im Rahmen von Einkehr e.V. finden in Rosengarten bei Frankfurt(Oder) regelmäßig Einkehrtage statt. Neben spirituellen Themen lade ich zu Pilgerwanderungen zum Kloster Neuzelle, Kanufahrten auf der
Oder und Exerzitien auf der Straße ein.

im Einsatz
Zu den ganz besonderen Herausforderungen gehören meine Einsätze als Notfallseelsorger. Wir essen gerade zu Abend und  das Telefon klingelt. Von der Einsatzzentrale bekomme ich eine Adresse genannt und werde gebeten, die dort wartenden Polizisten beim Überbringen einer Todesnachricht zu begleiten. Wenn die Polizei bereits wieder ihrem Dienst nachgehen muss, bleibe ich, mache einen Tee, höre zu, helfe dabei, die ersten Stunden zu überstehen.


...der Gott, an den ich glaube – oder: worauf vertraue ich?

"Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ Jesaja 42,3 

Ich habe erlebt, dass Tröstungen, die vollmundig, vielleicht sogar mit einem Bibelspruch daherkommen traurig oder sogar wütend machen. Billigen Trost sollte man sich schenken, sonst bekommt man die verdiente Abfuhr: „Bleib mir weg mit deinen Sprüchen. Wenn du wüsstest wie es um mich steht, du würdest schweigen.“ Oft klingen zitierte Bibelworte so, als wolle der Tröster sich damit selber trösten. Aber: das Schilfrohr bricht, die glimmende Kerze verlischt. So ist die Welt. Und doch steht da dieser Satz des Propheten. Und ich frage mich, wie er zu trösten vermag, ohne die Wirklichkeit zu leugnen? Ich denke, die Zusage Gottes besteht darin, dass nicht ER uns zerbricht und auslöscht. Es ist die Befestigung der Zusage, die Gott nach der Sintflut mit dem Regenbogen in den Himmel gesetzt hat: „Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, dass ich ihn ansehe und gedenke an den ewigen Bund zwischen Gott und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, das auf Erden ist.“ Eine Welt, die uns Freiheit schenkt und gleichzeitig ohne Leid ist, die gibt es nicht. Freiheit setzt die Möglichkeit des Scheiterns voraus. Die Naturgesetze gelten, so wie auch die Gesetze der Ökonomie. Der Stärkere hat gute Chancen sich durchzusetzen. In der Natur, auf dem Sportplatz, in der Wirtschaft, im Krieg. Wer dies leugnet, muss bitter enttäuscht werden. Den Bauern um Thomas Münzer in der Zeit der Reformation erging es so. Mit Sense und Dreschflegel stellten sie sich einem gut gerüsteten Heer entgegen. Sie wussten, sie waren im Recht. Sie kämpften gegen die Unterdrückung durch Adel und Klerus und wähnten Gott auf ihrer Seite. Doch sie waren hoffnungslos unterlegen und wurden erbarmungslos niedergemetzelt. Der Satz, dass Gott das geknickte Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöscht, kann mich nur dadurch trösten, dass Gott verspricht: „ICH bleibe an deiner Seite, ICH werde dich nicht zu Fall bringen." Von einem Gott im Himmel, der alles lenkt und steuert, müsste man mehr erwarten können. Doch diesen Gott gibt es nicht. Ein Gott, der als Aufrührer am Kreuz endet, der selbst am Ende zerbrochen und ausgelöscht wird, ist anders zu denken als von einem großen Weltenlenker im Hintergrund. Es ist leider so, die Rechnungen, die wir hier auf Erden anstellen, gehen selten auf. Das Scheitern ist Teil unseres Lebens. Und in Jesus Christus scheitert Gott selbst am Weltgetriebe, er wird hingerichtet. Doch gegen alle Welterfahrung erleben seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter: Jesus lebt. Es gibt  etwas unzerstörbares, von Gott selbst verbürgt, das nicht auszulöschen ist. Ein verrückter Gedanke ist das. Ich kann jede und jeden verstehen, die ihn für zu absurd halten, um ihn zu teilen. Aber ich freue mich für alle, die ihn sich zu Eigen machen können. In gewisser Weise sind diese Menschen unverwundbar, selbst in der Niederlage. Und für sie gilt der Satz des Propheten Jesaja am Ende doch: "Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“